Zweiter Wegzug nach 6 Jahren, keine Wegzugsteuer

Dr. Oliver Eidel Gestaltungen Aktualisiert am 11. Dezember 2025

In Kürze

Diese "Gestaltung" ist relativ simpel, aber den meisten Leuten ist sie nicht bewusst:
  • Du ziehst aus Deutschland weg mit Rückkehrabsicht (wie hier beschrieben), lässt dir die Wegzugsteuer stunden und zahlst also nur Stundungszinsen.
  • Dann ziehst du nach 6 Jahren "kurz" wieder nach Deutschland, die gestundete Wegzugsteuer wird dir erstattet (du zahlst also nur verbleibende Zinsen).
  • Du ziehst etwas später (z.B. 1-2 Monate, unklar, s.u.) wieder aus Deutschland weg. Da du zu diesem Zeitpunkt weniger als 7 Jahre in den letzten 12 Jahren unbeschränkt steuerpflichtig warst, fällst du nicht mehr unter die Wegzugsteuer.

Im Detail: Zweiter Wegzug nach 6 Jahren

Zunächst einmal ist die Wegzugsteuer ja so definiert:

[...] eine natürliche Person, die während der letzten 12 Jahre mindestens sieben Jahre in Deutschland der unbeschränkten Steuerpflicht unterlegen hat, (i) ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt ins Ausland verlegt, [...]

Vereinfacht gesagt wird man also von der Wegzugsteuer erfasst, wenn man innerhalb der letzten 12 Jahre mindestens 7 Jahre in Deutschland steuerpflichtig war. Kann man die Wegzugsteuer also "mathematisch" gestalten, indem man einfach dafür sorgt, dass man zu einem gewissen Zeitpunkt eben nicht 7 Jahre innerhalb der letzten 12 Jahre in Deutschland steuerpflichtig war?

Die Antwort ist: Ja.

Und so geht's:

Erst einmal ist es ja so, dass du dir die Wegzugsteuer erstatten lassen kannst, wenn du innerhalb von 7 Jahren nach Deutschland zurückkommst. Wie ich hier geschrieben hatte, lassen sich diese 7 Jahre um 5 Jahre sogar auf insgesamt 12 Jahre erweitern. Und wenn du es schaffst, dass das Finanzamt dir die Wegzugsteuer stundet, musst du sie gar nicht erst zahlen, sondern zahlst nur die jährlichen Stundungszinsen (die trotzdem durchaus hoch sein können). Also: Du kannst bis zu 12 Jahre wegziehen.

Angenommen, du ziehst nun also 11 Jahre weg, lässt die Wegzugsteuer stunden und die gestundete Wegzugsteuer wird dir bei deiner Rückkehr erstattet - jetzt hast du bisher nur die Stundungszinsen gezahlt. Jetzt ziehst du sofort wieder weg. Die große Frage ist nun: Erüfllst du zu diesem Zeitpunkt, also bei deinem zweiten Wegzug, überhaupt die Kriterien für die Wegzugsteuer? D.h. warst du innerhalb der letzten 12 Jahre mindestens 7 Jahre in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig?

Und die Antwort darauf ist offensichtlich "nein", da du in den letzten 12 Jahren nur 1 Jahr in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig warst! Du fällst also gar nicht unter die Wegzugsteuer.

Das Ganze kann man jetzt natürlich noch optimieren, wenn man weiß, dass man in 12 "rollierenden" Jahren also weniger als 7 Jahre ungeschränkt steuerpflichtig sein müsste, um nicht unter die Wegzugsteuer zu fallen. 12 minus 7 wären 5, man müsste als mindestens 5 (wohl besser 6) Jahre wegziehen, dann zurückkehren, dann nochmal wegziehen.

Also:
  • Jahr 1: Du ziehst aus Deutschland weg, lässt dir die Wegzugsteuer stunden und hast eine Rückkehrabsicht.
  • Jahr 6: Nach 6 vollen Jahren im Ausland ziehst du zurück nach Deutschland. Die Wegzugsteuer wird dir erstattet. Da sie dir die ganze Zeit gestundet wurde, zahlst du nur die Stundungszinsen.
  • Jahr 6: Du ziehst wieder aus Deutschland weg. Zu diesem Zeitpunkt warst du in den letzten 12 Jahren nur 6 Jahre in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig. Somit weniger als 7 Jahre, also keine Wegzugsteuer.

Eine offene Frage wäre noch, wie genau die Rückkehr und der zweite Wegzug im 6. Jahr erfolgen müsste. Genauer wäre die Frage, ob du z.B. mindestens ein halbes Jahr wieder in Deutschland wohnen müsstest, um dort auch wirklich steuerlich ansässig zu werden, oder ob es "nur" reicht, sich im Ausland ab- und in Deutschland wieder anzumelden (Anmeldung beim Bürgeramt, Wohnung mieten usw.), was man ja realistischerweise mit einem Aufenthalt von 1-2 Monaten erledigen könnte. Es könnte auch sein, dass das auf das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen deinem "Wegzugs-Land" und Deutschland ankommen könnte.

Zusammenfassung: Keine Wegzugsteuer bei zweitem Wegzug nach 6 Jahren

Wie immer, kommt es hier ziemlich auf deine individuellen Gegebenheiten an:
  • Wenn deine gestundete Wegzugsteuer sehr hoch ist (z.B. bei hoher Bewertung deiner Unternehmensanteile), dann könnten die Stundungszinsen in den 6 Jahren hoch ausfallen und andere Modelle (z.B. KG-Holding) könnten günstiger sein.
  • Schaffst du es wirklich, nach 6 bis maximal 12 Jahren wieder zurückzuziehen? Wenn nicht, dann wird nach dem 12. Jahr die gestundete Wegzugsteuer für dich fällig. Du hast also das Risiko, die gestundete Wegzugsteuer doch noch zahlen zu müssen, wenn du nicht zurückkehrst.
  • Du spekulierst darauf, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen sich nicht ändern. Wenn die Kriterien für die Wegzugsteuer geändert werden (z.B. weniger als 7 von 12 Jahren steuerpflichtig), fällst du wieder plötzlich unter die Wegzugsteuer. Wie sicher kannst du dir sein, dass in den nächsten 6 Jahren sich nichts ändert? Die historische Tendenz der Wegzugsteuer zeigt, dass sie regelmäßig verschärft wurde.
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Dr. Oliver Eidel

Ich bin Oliver und bin Unternehmer aus Deutschland - mein bekanntestes Unternehmen ist OpenRegulatory, welches eine Compliance-Software für Medizinprodukte-Hersteller anbietet.

Seit 2025 musste ich mich mit der deutschen Wegzugsteuer auseinandersetzen, da ich nach Thailand auswandern möchte. Auf dieser Webseite teile ich meine Erkenntnisse, die ich mir relativ mühsam durch (teure) Gespräche mit Steuerberatern erarbeiten musste. Hoffentlich spare ich dir dadurch Zeit und Steuerberatergebühren! :)