Wegzugsteuer: Finanzamt schaut sich VC-Investmentbewertung an
Ein interessanter Datenpunkt, den ich von mehreren Gründern gehört habe: Die Finanzämter schauen sich bei Startups scheinbar auch gerne die Unternehmensbewertungen in der letzten Venture Capital (VC) - Investmentrunde an.
Das ist insofern maximal vorteilhaft, da diese Bewertungen teilweise ja absurd hoch sind und realistischerweise kein Startup wirklich "liquide" zu einer solchen Bewertung handelbar ist.
Schnelles Beispiel: Ein Startup, das unprofitabel ist, aber in der letzten Investitionsrunde mit 4 Mio. € bewertet wurde. Einer der Gründer will aus Deutschland wegziehen und hält 25% am Unternehmen.
Das ist insofern maximal vorteilhaft, da diese Bewertungen teilweise ja absurd hoch sind und realistischerweise kein Startup wirklich "liquide" zu einer solchen Bewertung handelbar ist.
Schnelles Beispiel: Ein Startup, das unprofitabel ist, aber in der letzten Investitionsrunde mit 4 Mio. € bewertet wurde. Einer der Gründer will aus Deutschland wegziehen und hält 25% am Unternehmen.
- Bewertung mit vereinfachtem Ertragswertverfahren: Faktor 13,75 * 0€ Gewinn = 0€. Die Bewertung würde sich wahrscheinlich auf den Substanzwert beschränken (Hardware, Bürogegenstände, ggf. Software usw.). Hier dürfte die Bewertung realistischerweise sehr niedrig ausfallen, zumal man noch ein fremdvergleichsübliches Geschäftsführergehalt abziehen könnte (Anleitung hier).
Das Problem ist, dass die Finanzämter wohl ausgerechnet bei Startups dann diese Bewertung nicht akzeptieren, obwohl für alle anderen Unternehmen dieses gängige Verfahren so akzeptiert wird. - Bewertung basierend auf letzter Investitionsrunde: Bewertung von 4 Mio. € * 25% Anteil des Gründers = 1 Mio. €. Darauf knapp 30% Wegzugsteuer (vereinfachtes Ertragswertverfahren) = ca. 300k€ Wegzugsteuer.
Und das passiert scheinbar in der Realität.
Diese Situation ist für Startup-Gründer, die eine bevorstehende Investitionsrunde planen, hochgradig problematisch, da zum Zeitpunkt der Investition und somit hohen Unternehmensbewertung diese Gründer dann wahrscheinlich Deutschland nicht mehr verlassen können.
Falls Flexibilität hier also wichtig ist, müsste man diesen Gründern raten, vor der Investitionsrunde aus Deutschland wegzuziehen. Das dürften die meisten allerdings nicht auf dem Schirm haben.
Insbesondere ist es für diese Gründer problematisch, da sie:
- Üblicherweise über wenig liquide Mittel verfügen und sich kein Gehalt zahlen - die hohe Wegzugsteuer muss also ggf. aus einem Kredit bezahlt werden oder 7-jährige Ratenzahlung mit dem Finanzamt vereinbart werden.
- Oft eben auch kein Budget für komplexere Konstrukte haben, eben weil sie sich kein Gehalt zahlen - dadurch scheiden oftmals mögliche Lösungen wie die KG-Holding und Liechtenstein-Stiftung aus.
Ich kann zusammengefasst letztlich nur sagen, dass ich froh bin, kein VC-finanziertes Startup gegründet zu haben, da ich den Eindruck gewonnen habe, dass man dadurch wirklich die absolut schlechteste Ausgangslage hat, was die deutsche Wegzugsteuer angeht.
Im Vergleich zu einem profitablen Unternehmen sieht es nämlich so aus:
- Man hat keinen Cashflow, um sich ein Konstrukt zu finanzieren (z.B. KG-Holding).
- Man kann die Bewertung des Unternehmens kaum "klein rechnen" (Artikel hier), da die Bewertung durch die Investitionsrunde meistens schon absurd hoch ist.
- Man kann die Anteile nicht trivial verkaufen, da man alle möglichen Verflechtungen mit seinen Investoren hat. Würde man z.B. 100% an einer langweiligen, profitablen GmbH besitzen, könnte man sie ja "spontan" verkaufen, sofern man einen Käufer finden würde. Sobald man aber Investoren mit dabei hat, ist das nicht mehr so leicht möglich und man sitzt quasi auf seinen Anteilen fest.
Realisischerweise habe ich in meiner Recherche letztlich nur die KG-Holding als mögliche Lösung für die Situation gefunden und selbst diese kommt mit einigen laufenden Kosten - so muss man u.a. eine Betriebsstätte in Deutschland unterhalten (Büro?) und einen Geschäftsführer vor Ort anstellen (Gehalt?) usw.; eine offene Frage hier könnte noch sein, ob es mit einem "minimalistischen" Setup möglich wäre, hier die Kosten zu optimieren, dann würde es ggf. interessant werden.
Für alle anderen Gründer von Startups mit VC-Investments gilt wahrscheinlich: Vorher Deutschland verlassen, sonst sitzt man die nächsten paar Jahre in Deutschland fest, bis man entweder sein Unternehmen verkauft hat, es pleite gegangen ist oder man genug Geld hat, sich eines der Konstrukte zu leisten.
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Dr. Oliver Eidel
Ich bin Oliver und bin Unternehmer aus Deutschland - mein bekanntestes Unternehmen ist OpenRegulatory, welches eine Compliance-Software für Medizinprodukte-Hersteller anbietet.
Seit 2025 musste ich mich mit der deutschen Wegzugsteuer auseinandersetzen, da ich nach Thailand auswandern möchte. Auf dieser Webseite teile ich meine Erkenntnisse, die ich mir relativ mühsam durch (teure) Gespräche mit Steuerberatern erarbeiten musste. Hoffentlich spare ich dir dadurch Zeit und Steuerberatergebühren! :)
Seit 2025 musste ich mich mit der deutschen Wegzugsteuer auseinandersetzen, da ich nach Thailand auswandern möchte. Auf dieser Webseite teile ich meine Erkenntnisse, die ich mir relativ mühsam durch (teure) Gespräche mit Steuerberatern erarbeiten musste. Hoffentlich spare ich dir dadurch Zeit und Steuerberatergebühren! :)