Wegzugsteuer reduzieren durch niedrige Unternehmensbewertung (vereinfachtes Ertragswertverfahren)
In meinem Artikel Was ist die deutsche Wegzugsteuer? haben wir gelernt, dass die deutsche Wegzugsteuer dich betrifft, wenn du (üblicherweise) eine GmbH hast. Wir haben ebenfalls gelernt, dass das Finanzamt eine relativ absurd-hohe Bewertung deines Unternehmens vornimmt, nämlich mit dem Faktor 13,75 * Jahresgewinn, bei einem Unternehmen mit einem Jahresgewinn von 100k€ also ein Wert von 1,375 Mio. €.
Und diesen Wert musst du zu ca. 27% versteuern, wenn du Deutschland verlässt. Das heißt für dich also, dass du ca. 364k€ an Steuern zahlen müsstest, wenn du der Besitzer der obigen GmbH wärst und aus Deutschland auswanderst. Wohlgemerkt ohne überhaupt dein Unternehmen verkauft zu haben!
Logischerweise fragt man sich dann, welche Lösungen es gibt, die diese absurd hohe Wegzugsteuerlast reduzieren.
Eine Lösung ist die niedrige Bewertung deines Unternehmens durch das vereinfachte Ertragswertverfahren.
Ich habe mehrere Monate gebraucht, um diese Methode überhaupt richtig zu verstehen und ich bekam den Eindruck, dass viele Steuerberater sie ebenfalls noch nicht richtig verstanden haben (oh Mann).
So funktioniert's: Grob gesprochen hast du zwei Möglichkeiten, dein Unternehmen bei deinem Wegzug zu bewerten:
Und diesen Wert musst du zu ca. 27% versteuern, wenn du Deutschland verlässt. Das heißt für dich also, dass du ca. 364k€ an Steuern zahlen müsstest, wenn du der Besitzer der obigen GmbH wärst und aus Deutschland auswanderst. Wohlgemerkt ohne überhaupt dein Unternehmen verkauft zu haben!
Logischerweise fragt man sich dann, welche Lösungen es gibt, die diese absurd hohe Wegzugsteuerlast reduzieren.
Eine Lösung ist die niedrige Bewertung deines Unternehmens durch das vereinfachte Ertragswertverfahren.
Ich habe mehrere Monate gebraucht, um diese Methode überhaupt richtig zu verstehen und ich bekam den Eindruck, dass viele Steuerberater sie ebenfalls noch nicht richtig verstanden haben (oh Mann).
So funktioniert's: Grob gesprochen hast du zwei Möglichkeiten, dein Unternehmen bei deinem Wegzug zu bewerten:
- Vereinfachtes Ertragswertverfahren: Das gängige Verfahren zur Unternehmensbewertung, vom Finanzamt vorgegeben (Faktor 13,75 usw.). Das ist das Verfahren, das ich in diesem Artikel beschreiben werde.
Kostet üblicherweise ~5k€ durch deinen Steuerberater. - Gutachten (IDW-S1): Alternativ kannst du dir ein Gutachten erstellen lassen. Deutlich aufwändiger und teurer. Lohnt sich letztlich nur, wenn dadurch ein erheblich niedrigerer Wert rauskommt.
Kostet üblicherweise 10k€+ und erfordert einen Wirtschaftsprüfer.
Kommen wir also zurück zum "Hack" des vereinfachten Ertragswertverfahrens, genau genommen wollen wir also, dass dieses Verfahren bei unserer GmbH einen möglichst niedrigen Unternehmenswert hervorbringt.
Vereinfachtes Ertragswertverfahren: Fremdvergleichsübliches Geschäftsführergehalt
Gehen wir im ersten Szenario mal noch davon aus, dass wir keine Ahnung haben, wie wir das vereinfachte Ertragswertverfahren optimal für uns nutzen können.
Dann berechnet sich der Unternehmenswert ja mit dem Faktor 13,75 * Jahresgewinn, wobei wir für den Jahresgewinn den Durchschnittswert der letzten 3 Jahre nehmen sollen. Gehen wir ferner davon aus, dass wir eine GmbH mit einem Jahresgewinn von 100k€ haben.
"Naives" Szenario
Im naiven Szenario rechnen wir also:
Dann berechnet sich der Unternehmenswert ja mit dem Faktor 13,75 * Jahresgewinn, wobei wir für den Jahresgewinn den Durchschnittswert der letzten 3 Jahre nehmen sollen. Gehen wir ferner davon aus, dass wir eine GmbH mit einem Jahresgewinn von 100k€ haben.
"Naives" Szenario
Im naiven Szenario rechnen wir also:
- 100k€ Jahresgewinn * 13,75 = 1,375 Mio. € Unternehmenswert
- Minus Anschaffungskosten 25k€ (Gründungskosten GmbH) = 1,350 Mio. € Unternehmenswert
- 60% werden zu 45% besteuert (60% * 45% * 1,350 Mio. €) = 364.500€ Wegzugsteuer
Die Ausgangslage ist also, dass die ca. 364k€ Steuern zahlen müsstest, wenn du mit deiner 100k€-Jahresgewinn-GmbH auswanderst. Ziemlich viel!
Ich würde mal den meisten Besitzern einer solcher GmbH unterstellen, dass das eine Summe an Geld ist, die man mal eben nicht so auf dem Tagesgeldkonto rumliegen hat.
Wie können wir das also optimieren?
Das "theoretische" Geschäftsführergehalt
Das Formular vom Finanzamt für das vereinfachte Ertragswertverfahren erlaubt es dir, ein sog. "fremdvergleichsübliches Geschäftsführergehalt" von deinem Jahresgewinn abzuziehen. Was heißt das also?
Angenommen, der Jahresgewinn deiner GmbH ist 100k€ und du hast dir bisher kein Gehalt gezahlt.. Zusätzlich nehmen wir an, dass ein fremdvergleichsübliches Geschäftsführergehalt z.B. 120k€ / Jahr gewesen wäre. In anderen Worten: Du hast gratis als Geschäftsführer für deine GmbH gearbeitet und, wenn du stattdessen jemanden dafür eingestellt hättest, hättest du dieser Person 120k€ / Jahr an Gehalt zahlen müssen.
Dann darfst du nun diese theoretische Geschäftsführergehalt von deinem Jahresgewinn abziehen.
Die Rechnung lautet nun also:
- 100k€ Jahresgewinn - 120k€ fremdvergleichsübliches Geschäftsführergehalt = -20k€ Jahresgewinn (= Verlust!)
- ... Unternehmenswert ist also letztlich 0€, da -20k€ * 13,75 keinen positiven Wert mehr ergeben.
- Keine Wegzugsteuer?
Du siehst also, dass wir die Bewertung deines Unternehmens durch dieses theoretische Geschäftsführergehalt quasi auf null reduziert haben. Und das ist schon mal ein gigantischer Fortschritt, denn 0€ Wegzugsteuer zahlen klingt deutlich besser als 364k€ Wegzugsteuer zahlen 😂
So ganz auf 0€ kommen wir nicht, dann bei diesem niedrigen Unternehmenswert wird dein Unternehmen stattdessen mit dem Substanzwert bewertet. Dazu schreibe ich hoffentlich einen anderen Artikel.. Aber das relevante für uns hier ist, dass wir die Bewertung hier erheblich reduzieren konnten und das ist schon mal ein riesiger Fortschritt!
Die größte Frage hier ist sicherlich: Was ist denn nun ein korrektes fremdvergleichsübliches Geschäftsführergehalt? Lustigerweise hatte ich die Frage einigen Steuerberatern gestellt, die mir alle keine sonderlich gute Antwort geben konnten. Am Ende habe ich ein Buch zum vereinfachten Ertragswertverfahren gelesen (?!), das super hilfreich war. Dort werden die sog. "Karlsruher Tabellen" zitiert, die konkrete Zahlen nennen. Scheinbar ist es so, dass die "Oberfinanzdirektion Karlsruhe" ab und zu diese Tabellen erstellt mit Gehältern, die sie für fremdvergleichsüblich hält.
Die Tabellen wurden sogar gerade neulich (2024) aktualisiert. Für uns relevant ist, dass die Gehälter in dieser Tabelle sehr hoch erscheinen, was für uns natürlich sehr vorteilhaft ist, weil das die Bewertung unseres Unternehmens mindert.
Ich hätte jetzt intuitiv gesagt, dass für eine kleine GmbH ein Geschäftsführergehalt von 100k - 120k€ / Jahr vielleicht realistisch erscheint. Die Leute in Karlsruhe scheinen anderer Meinung zu sein, hier wäre am ehesten 198k - 266k / Jahr (!) anzusetzen. Dazu guckt man in der Tabelle unten in der Spalte "Umsatz: unter 2,5 Mio.€" und dann in der Spalte "Sonstige Dienstleistungen" (s. Tabelle unten). Hier ist der Link zur "Karlsruher PDF".
Die größte Frage hier ist sicherlich: Was ist denn nun ein korrektes fremdvergleichsübliches Geschäftsführergehalt? Lustigerweise hatte ich die Frage einigen Steuerberatern gestellt, die mir alle keine sonderlich gute Antwort geben konnten. Am Ende habe ich ein Buch zum vereinfachten Ertragswertverfahren gelesen (?!), das super hilfreich war. Dort werden die sog. "Karlsruher Tabellen" zitiert, die konkrete Zahlen nennen. Scheinbar ist es so, dass die "Oberfinanzdirektion Karlsruhe" ab und zu diese Tabellen erstellt mit Gehältern, die sie für fremdvergleichsüblich hält.
Die Tabellen wurden sogar gerade neulich (2024) aktualisiert. Für uns relevant ist, dass die Gehälter in dieser Tabelle sehr hoch erscheinen, was für uns natürlich sehr vorteilhaft ist, weil das die Bewertung unseres Unternehmens mindert.
Ich hätte jetzt intuitiv gesagt, dass für eine kleine GmbH ein Geschäftsführergehalt von 100k - 120k€ / Jahr vielleicht realistisch erscheint. Die Leute in Karlsruhe scheinen anderer Meinung zu sein, hier wäre am ehesten 198k - 266k / Jahr (!) anzusetzen. Dazu guckt man in der Tabelle unten in der Spalte "Umsatz: unter 2,5 Mio.€" und dann in der Spalte "Sonstige Dienstleistungen" (s. Tabelle unten). Hier ist der Link zur "Karlsruher PDF".
Zusammenfassung: Unternehmensbewertung durch fremdvergleichsübliches Geschäftsführergehalt (+ Karlsruher Tabellen) reduziert
Wir können also erfolgreich die Bewertung unseres Unternehmens reduziert - dazu haben wir im Rahmen des vereinfachten Ertragswertverfahrens für die deutsche Wegzugsteuer ein möglichst hohes fremdvergleichsübliches Geschäftsführergehalt angesetzt. Und wir müssen dazu gar nicht mit riskanten "erfundenen" Gehältern argumentieren, sondern können uns einfach an den offiziell veröffentlichen Zahlen von der Oberfinanzdirektion Karlsruhe bedienen.
Der größte Nachteil dieser Lösung ist wahrscheinlich, dass du bei jedem Wegzug aus deutschland für jede deiner Beteiligungen dieses vereinfachte Ertragswertverfahren durchführen musst. Das führt schnell zu hohen Steuerberater-Gebühren, da es wahrscheinlich ist, dass du diese Berechnung zusammen mit deinem Steuerberater erstellen wirst.
Ich hab gehört, dass Steuerberater hierfür pro Unternehmen ca. 5k€ verlangen. Damit lässt sich dann auch gut abschätzen, in welchen Szenarien diese Methode eine gute Lösung sein könnte:
Der größte Nachteil dieser Lösung ist wahrscheinlich, dass du bei jedem Wegzug aus deutschland für jede deiner Beteiligungen dieses vereinfachte Ertragswertverfahren durchführen musst. Das führt schnell zu hohen Steuerberater-Gebühren, da es wahrscheinlich ist, dass du diese Berechnung zusammen mit deinem Steuerberater erstellen wirst.
Ich hab gehört, dass Steuerberater hierfür pro Unternehmen ca. 5k€ verlangen. Damit lässt sich dann auch gut abschätzen, in welchen Szenarien diese Methode eine gute Lösung sein könnte:
- Wenn nur eine GmbH hast und du hiermit die Bewertung nahezu auf null reduzieren kannst;
- Wenn du keine mehrfachen Wegzüge aus Deutschland planst.
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Dr. Oliver Eidel
Ich bin Oliver und bin Unternehmer aus Deutschland - mein bekanntestes Unternehmen ist OpenRegulatory, welches eine Compliance-Software für Medizinprodukte-Hersteller anbietet.
Seit 2025 musste ich mich mit der deutschen Wegzugsteuer auseinandersetzen, da ich nach Thailand auswandern möchte. Auf dieser Webseite teile ich meine Erkenntnisse, die ich mir relativ mühsam durch (teure) Gespräche mit Steuerberatern erarbeiten musste. Hoffentlich spare ich dir dadurch Zeit und Steuerberatergebühren! :)
Seit 2025 musste ich mich mit der deutschen Wegzugsteuer auseinandersetzen, da ich nach Thailand auswandern möchte. Auf dieser Webseite teile ich meine Erkenntnisse, die ich mir relativ mühsam durch (teure) Gespräche mit Steuerberatern erarbeiten musste. Hoffentlich spare ich dir dadurch Zeit und Steuerberatergebühren! :)