Erweitert beschränkte Steuerpflicht: Aktien-Depot beim Wegzug in Deutschland lassen?
Eine große Frage ist, ob man beim Wegzug aus Deutschland sein Aktien- und ETF-Depot bei einer deutschen Bank in Deutschland belassen sollte oder nicht. Unterschiedliche Berater haben hier sehr unterschiedliche Auffassungen, daher hier kurz meine Notizen dazu!
Das Stichwort, um das es geht, ist die "erweitert beschränkte Steuerpflicht". Vereinfacht gesagt geht es darum, dass du unter Umständen weiterhin deutsche Steuern auf deine "deutschen Einkünfte zahlen musst, wenn du gewisse Kriterien erfüllst.
Das Ganze ist relativ kompliziert, also erst mal von vorne: Auf manche deutschen Einkünfte musst du sowieso weiterhin Steuern zahlen, unabhängig von allem, was passiert, also auch, wenn du bereits im Ausland wohnst. Das häufigste Beispiel sind hier sicherlich Einkünfte aus aus Vermietung und Verpachtung - wenn du also weiterhin z.B. in Deutschland eine Immobilie hast, die du vermietest, dann musst du diese Einkünfte auch weiterhin in Deutschland versteuern.
So, davon abgesehen gibt es natürlich auch andere Einkünfte und da wird es kompliziert, da ggf. die erweitert beschränkte Steuerpflicht zum Tragen kommt - hier konkret Kapitalerträge.
Das Stichwort, um das es geht, ist die "erweitert beschränkte Steuerpflicht". Vereinfacht gesagt geht es darum, dass du unter Umständen weiterhin deutsche Steuern auf deine "deutschen Einkünfte zahlen musst, wenn du gewisse Kriterien erfüllst.
Das Ganze ist relativ kompliziert, also erst mal von vorne: Auf manche deutschen Einkünfte musst du sowieso weiterhin Steuern zahlen, unabhängig von allem, was passiert, also auch, wenn du bereits im Ausland wohnst. Das häufigste Beispiel sind hier sicherlich Einkünfte aus aus Vermietung und Verpachtung - wenn du also weiterhin z.B. in Deutschland eine Immobilie hast, die du vermietest, dann musst du diese Einkünfte auch weiterhin in Deutschland versteuern.
So, davon abgesehen gibt es natürlich auch andere Einkünfte und da wird es kompliziert, da ggf. die erweitert beschränkte Steuerpflicht zum Tragen kommt - hier konkret Kapitalerträge.
Erweitert beschränkte Steuerpflicht
Jemand fällt unter die erweitert beschränkte Steuerpflicht, wenn:
- in den letzten zehn Jahren vor Beendigung ihrer unbeschränkten Steuerpflicht mindestens fünf Jahre unbeschränkt einkommensteuerpflichtig waren,
- in einem Niedrigsteuerland ansässig werden bzw. sind und
- wesentliche wirtschaftliche Interessen in Deutschland haben.
Dazu folgende Anmerkungen:
- "Niedrigsteuerländer" sind z.B. bestimmte Kantone in der Schweiz, die Vereinigten Arabischen Emirate, Singapur, Hongkong, Bulgarien, Ungarn, Paraguay, Bolivien; aber auch Länder, in denen es "remittance-based taxation" gibt, also in denen mal eine Art Vorzugsteuer für ausländische Einkünfte erhält. Insgesamt geht es darum, dass ein Land weniger als zwei Drittel der deutschen Einkommenssteuerlast erhebt (in 2025 ca. <18.55%).
- Wesentliche wirtschaftliche Interessen sind z.B.:
- eine Beteiligung von mehr als 1 % an einer deutschen Kapitalgesellschaft
- eine Beteiligung an einer deutschen Personengesellschaft
- inländische Einkünfte von mehr als 30 % der Gesamteinkünfte oder mehr als 62.000 Euro
- deutsches Vermögen von mehr als 30 % des Gesamtvermögens oder mehr als 154.000 Euro.
Jetzt hast du wahrscheinlich hundert Fragen dazu, die wir diskutieren könnten - die relevanteste hier wäre aber erst mal, wie ein ETF-Depot hier "reinpassen" würde.
Das ETF-Depot und die erweitert beschränkte Steuerpflicht
Wenn wir die Aspekte oben mit einem ETF-Depot durchgehen, geht es zunächst einmal darum, ob man überhaupt in ein sog. Niedrigsteuerland umgezogen ist. Falls du also z.B. nicht in ein Niedrigsteuerland gezogen bist (dazu gehören die meisten europäischen Länder), dann bist du hier also quasi schon "raus" und musst nicht weiterlesen.
Gleichzeitig gibt es wiederum viele Länder, bei denen gar nicht so offensichtlich klar ist, ob sie ein Niedrigsteuerland sind oder nicht. Thailand z.B. erhebt durchaus erhebliche Einkommenssteuern, hat aber (Stand 2025) ebenfalls eine remittance-based taxation für ausländische Unternehmensbeteiligungen. Zusätzlich gibt es Visums-Optionen, die ebenfalls eine günstigere Besteuerung vorsehen. Es kommt also drauf an und ist insgesamt unklar. Im Zweifel wäre Thailand also ein Niedrigsteuerland.
Dann würde sich die nächste Frage stellen, inwiefern man durch das ETF-Depot "wesentliche wirtschaftliche Interessen" hat. Und die wären hier durchaus gegeben, wenn man:
Gleichzeitig gibt es wiederum viele Länder, bei denen gar nicht so offensichtlich klar ist, ob sie ein Niedrigsteuerland sind oder nicht. Thailand z.B. erhebt durchaus erhebliche Einkommenssteuern, hat aber (Stand 2025) ebenfalls eine remittance-based taxation für ausländische Unternehmensbeteiligungen. Zusätzlich gibt es Visums-Optionen, die ebenfalls eine günstigere Besteuerung vorsehen. Es kommt also drauf an und ist insgesamt unklar. Im Zweifel wäre Thailand also ein Niedrigsteuerland.
Dann würde sich die nächste Frage stellen, inwiefern man durch das ETF-Depot "wesentliche wirtschaftliche Interessen" hat. Und die wären hier durchaus gegeben, wenn man:
- mehr als 62k€ Einkünfte pro Jahr durch das Depot hat (Kapitalerträge)
- oder mehr als 154k€ Gesamtvermögen im deutschen ETF-Depot hat.
Und hier beginnt allerdings die große Diskussion, die ich mit mehreren Steuerberatern hatte: Nehmen wir erst mal an, dass einer der Punkte oben zutrifft und wir von der erweitert beschränkten Steuerpflicht erfasst werden. Jetzt ist es aber so, dass die erweitert beschränkte Steuerpflicht ja nur für inländische, "deutsche" Einkünfte gilt. Die große Frage ist nun: Sind es inländische Einkünfte, wenn ich einen ETF halte, der in Irland oder Luxembourg aufgelegt ist? Das erscheint mir relativ unklar.
Es gab hier dieses BFH-Urteil, bei dem die Klägerin nach Großbritannien weggezogen war und dort die remittance-based Besteuerung in Anspruch genommen hatte. Gleichzeitig hatte sie ca. 30k€ Kapitalerträge aus Anteilen an einer deutschen Gesellschaft. Der BFH urteilte, dass diese 30k€ Kapitalerträge der erweitert beschränkten Steuerpflicht unterliegen würden, da es sich eben um Anteile an einer deutschen Gesellschaft handeln würde.
So weit, so "gut", aber damit ist die ETF-Frage leider weiterhin nicht beantwortet.
Leider konnte ich keine Urteile und somit keine weiteren Anhaltspunkte dafür finden. Tendenziell würde ich vermuten, dass es sich bei ausländischen ETFs eben nicht um inländische Einkünfte handeln würde und man wäre somit wieder "raus".
Jetzt ist aber die Frage, ob diese Einkünfte weiterhin nicht als "inländisch" gelten, wenn man sie in einem deutschen Depot hält. Rein rechtlich müsste man vermuten, dass der Standort des Depots nichts an der Art der Einkünfte ändern müsste. Somit sollte das unproblematisch sein.
Aber ist es das wirklich? Eine andere und relevantere Frage könnte sein, was hier im Alltag passiert. Bei einem Wegzug müsste man nämlich:
- Seiner Depotbank mitteilen, dass man weggezogen ist und dass das Depot somit "steuerfrei" gestellt werden soll - einige Banken bieten das gar nicht an und man muss heir sowieso das Depot kündigen. Dann erübrigt sich die Frage, ob man das deutsche Depot behält oder nicht.
- Angenommen, die Depotbank stellt das Depot steuerfrei - erst dann muss man sich fragen, ob man die ETFs im Depot behält oder auf ein ausländisches Depot transferiert.
- Bei einem deutschen Depot erscheint die Wahrscheinlichkeit höher, dass die Finanzämter sich die Positionen "anschauen" und die ganze Debatte um die obige erweitert beschränkte Steuerpflicht beginnt.
Der relevanteste Punkt wäre also 3.) - unabhängig davon, wer hier "Recht" hat, wäre ein Argument für ein ausländisches Depot, dass man das Risiko minimiert, dass diese ganze Diskussion überhaupt erst losgetreten wird. Manche Berater beschreiben das so, dass das deutsche Depot bei den Finanzbehörden ggf. "Begehrlichkeiten" wecken könnte. Ich weiß nicht, ob das in der Realität so passiert, aber es ist ein relevantes Argument, dass man das Risiko vielleicht minimieren möchte.
Zusammenfassung
Erst mal: Wenn du eindeutig nicht in ein Niedrigsteuerland wegziehst, dann ist das hier sowieso nicht relevant für dich.
Außerdem: Wenn deine Bank dir sowieso nicht anbietet, dein Depot zu behalten, wenn du in dein Zielland weggezogen bist, dann erübrigt sich diese Diskussion ebenfalls für dich. Hier kann sich übrigens unverbindliche Auskunft vor deinem Wegzug durchaus lohnen, also einfach mal beim Support anfragen, ob die Bank prinzipiell anbietet, dass du dein Konto nach deinem Wegzug in dein Zielland behältst.
Nur wenn die obigen zwei Punkte nicht für dich zutreffen, dann stellt sich eben die Frage: ETFs im deutschen Depot behalten oder nicht? Leider gibt es keine eindeutige Antwort, aber man kann die Entscheidung grob in zwei Argumente unterteilen:
Außerdem: Wenn deine Bank dir sowieso nicht anbietet, dein Depot zu behalten, wenn du in dein Zielland weggezogen bist, dann erübrigt sich diese Diskussion ebenfalls für dich. Hier kann sich übrigens unverbindliche Auskunft vor deinem Wegzug durchaus lohnen, also einfach mal beim Support anfragen, ob die Bank prinzipiell anbietet, dass du dein Konto nach deinem Wegzug in dein Zielland behältst.
Nur wenn die obigen zwei Punkte nicht für dich zutreffen, dann stellt sich eben die Frage: ETFs im deutschen Depot behalten oder nicht? Leider gibt es keine eindeutige Antwort, aber man kann die Entscheidung grob in zwei Argumente unterteilen:
- Wenn du das Risiko absolut minimieren willst, nach deinem Wegzug irgendwelche Diskussionen mit dem Finanzamt über die erweitert beschränkte Steuerpflicht auf deine Kapitalerträge zu führen, dann transferiere deine ETFs und Aktien in ein ausländisches Depot (s.u.).
- Wenn du lieber deine Positionen in deinem deutschen Depot behalten möchtest, z.B. weil du deutsche Banken vertrauenswürdiger als andere Banken findest (was ja durchaus relevant sein kann), dann lass deine ETFs und Aktien in deinem deutschen Depot.
Welches ausländische Depot?
Ich habe relativ ewig ausländisches Depots recherchiert, hier sind meine zwei Favoriten:
- Interactive Brokers scheint mit Abstand am häufigsten empfohlen zu werden - günstige Gebühren und es werden fast alle Länder weltweit als Wohnorte unterstützt. Scheinbar ist es außerdem so, dass Depots von US-Firmen nicht (?) unter den automatischen Datenaustausch zwischen den USA und Deutschland fallen, falls du also besonders paranoid über mögliche Fragen des Finanzamts bist, könnte das ein Argument für Interactive Brokers sein. Ich weiß aber nicht, wie relevant das in der Realität sein mag.
Die Kontoführung ist kostenlos und es fallen nur Transaktionskosten Käufen und Verkäufen an. Es handelt sich nur um ein Depot, man bekommt hier also kein Bankkonto. - Swissquote wird selten erwähnt, ist aber wahrscheinlich eine solide zweite Wahl. Achtung, die Firmenstruktur von Swissquote ist seit dem Kauf von Internaxx etwas verwirrend: Es gibt das "Schweizer" Swissquote mit Firmensitz in der Schweiz, das ist die "ursprüngliche" Variante, die für die meisten Leute aber weniger relevant sein dürfte, da die Gebühren dort erheblich höher sind. Und dann gibt es Swissquote Luxembourg, welches ursprünglich eine andere Bank mit einem anderen Namen war (Internaxx), die sich explizit an Expats gerichtet hat. Ich vermute stark, dass Swissquote Luxembourg (= Internaxx) für die Zwecke der meisten Leute wahrscheinlich die bessere Wahl sein dürfte, da die Gebühren niedriger sind. Theoretisch bekommt man dort zusätzlich auch ein Bankkonto in Luxembourg, welches auch praktisch sein kann, insbesondere für die Leute, deren deutsche Bank eine Fortführung des Kontos im Ausland nicht ermöglicht.
Die Kontoführung ist kostenlos, während man in der EU wohnt, kostet dann aber 15€ / Monat in den meisten anderen Ländern.
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Dr. Oliver Eidel
Ich bin Oliver und bin Unternehmer aus Deutschland - mein bekanntestes Unternehmen ist OpenRegulatory, welches eine Compliance-Software für Medizinprodukte-Hersteller anbietet.
Seit 2025 musste ich mich mit der deutschen Wegzugsteuer auseinandersetzen, da ich nach Thailand auswandern möchte. Auf dieser Webseite teile ich meine Erkenntnisse, die ich mir relativ mühsam durch (teure) Gespräche mit Steuerberatern erarbeiten musste. Hoffentlich spare ich dir dadurch Zeit und Steuerberatergebühren! :)
Seit 2025 musste ich mich mit der deutschen Wegzugsteuer auseinandersetzen, da ich nach Thailand auswandern möchte. Auf dieser Webseite teile ich meine Erkenntnisse, die ich mir relativ mühsam durch (teure) Gespräche mit Steuerberatern erarbeiten musste. Hoffentlich spare ich dir dadurch Zeit und Steuerberatergebühren! :)